Mechanismen des Placeboeffektes
Als psychologische Hauptmechanismen der Placebo- und Noceboantworten konnten sowohl die Erwartungshaltung, als auch assoziative Lernprozesse identifiziert werden.
Erwartungen sind definiert als diejenigen Annahmen, die sich eine Person über den Ausgang einer Therapie aneignet, sozusagen Einstellungen über das Ergebnis einer Behandlung. Sie werden unter anderem durch verbale Instruktionen vom behandelnden Arzt, aber auch durch vorangegangene Erfahrungen und den psychosozialen Kontext der Intervention beeinflusst. So kann beispielsweise schon der angenommene Preis eines Medikamentes bestimme Erwartungen an dessen Wirksamkeit auslösen.
Unter assoziativen Lernprozessen oder Konditionierung versteht man solche Prozesse, bei denen Ereignisse, Stimuli und Verhalten oder Körperreaktionen auf eine bestimmte Art und Weise im Gehirn miteinander verknüpft werden. Beispielsweise ist das Aussehen einer bestimmten Tablette häufig mit dem gleichen Wirkstoff assoziiert. Wenn Aussehen und Wirkstoff häufig genug miteinander gepaart wurden, kann dies dazu führen, dass irgendwann das Aussehen der Tablette alleine, selbst wenn kein Wirkstoff vorhanden ist, zur gleichen körperlichen Reaktion führt wie die Tablette mit Wirkstoff.
Dieses Prinzip wird sich unter anderem bei der Behandlung chronischer Erkrankungen, die mit einer dauerhaften Gabe von Medikamenten verbunden sind, zu Nutze gemacht. Dazu wird in unregelmäßigen Abständen der eigentliche Arzneistoff durch ein Placebo ersetzt. Das Placebo ahmt dabei, bedingt durch die Konditionierungsprozesse, die Hauptwirkung des Medikaments nach. Gleichzeitig können unerwünschte Nebenwirkungen des Arzneistoffes reduziert werden. Bei der Immunsuppression wurde dieses Verfahren bereits erfolgreich eingesetzt.
Allgemein weisen Ergebnisse aus experimentellen Schmerzuntersuchungen und Studien zu Parkinson darauf hin, dass Prozesse wie Schmerz und motorische Kontrolle hauptsächlich durch die Erwartungen des Patienten verändert werden. Im Gegensatz dazu scheinen biochemische Prozesse, wie zum Beispiel die Freisetzung von Hormonen oder Immunfunktionen, vor allem durch Konditionierung beeinflusst zu sein. Außerdem konnte für andere autonome Funktionen, zum Beispiel im gastrointestinalen System, gezeigt werden, dass diese sowohl von Konditionierung als auch von Erwartung moduliert werden.
Trotz intensiver Forschung stehen noch einige Fragen zum Beitrag der beiden Effekte offen und es bedarf noch weiterer, vertiefender Forschung zu diesem Thema. Zurzeit forscht die DFG-Forschergruppe 1328 systematisch an den Wirkmechanismen der Erwartung und Konditionierung in verschiedenen physiologischen Systemen über verschiedene klinische Bedingungen hinweg (mehr zu diesem Thema finden Sie hier).
Zusätzlich handelt es sich bei der Erwartung und der Konditionierung um keine rein psychologischen Phänomene. Auf neurophysiologischer Ebene lassen sich mit diesen Mechanismen assoziierte Veränderungen nachweisen. Um mehr über dieses interessante Phänomen zu erfahren klicken Sie hier.